Kritische Analyse vbw-Studie "Folgen einer Lieferunterbrechung von russischem Gas für die deutsche Industrie" (Juni 2022)
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Hintergrund
Die Studie wurde von Prognos AG im Auftrag von vbw - Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. erstellt und am 28. Juni 2022 veröffentlicht [1][2].
Mit den Haupterkenntnissen (-12,7 % Wirtschaftsleistung und 5,6 Mio. „betroffene“ Arbeitsplätze) wird argumentiert, dass der russische Gaslieferstopp „katastrophale“ Folgen für die deutsche Wirtschaft hätte. Diese Zahlen wurden jedoch auf der Grundlage unrealistischer und/oder veralteter Annahmen ermittelt, die wir im Folgenden zu erklären versuchen. Außerdem sind beide Zahlen anfällig für Fehlinterpretationen, was bereits in der IWH-Studie der Fall war.
Unsere erste Analyse der VBW-Studie
- Unser Hauptkritikpunkt ist, dass die Gaslücke als zu groß berechnet wird, wie in Tabelle 5 (Seite 44 der Studie), die auch in der Abbildung dargestellt ist. Diese Tabelle 5 wird für die Kernergebnisse der Studie verwendet (z.B. Abbildung auf Seite 24).
- Es gibt eine Unterschätzung der Importe aus den Niederlanden und Norwegen, die im Mai/Juni im Gegensatz zum April plötzlich abnehmen, was im Widerspruch zu Tabelle 1 und Abbildung 1 steht. "Diese gelieferten Gasmengen werden auf die gelieferten Vorjahresmengen addiert." (p. 17). Nimmt man einfach den gleichen Werteverlauf und addiert die 111 TWh aus zusätzlichen Quellen aus Tabelle 1, dann verschwindet die "Versorgungslücke" ganz (wie in der hier grün unterstrichenen Tabelle dargestellt). Die tatsächlichen Importe sind unter: https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Fachthemen/ElektrizitaetundGas/Versorgungssicherheit/aktuelle_gasversorgung/_downloads/07_Juli_2022/220704_gaslage.pdf?__blob=publicationFile&v=2#page=3 Eine in Hinblick auf die Importe korrigierte Tabelle ist unter https://files.embargo.energy/vbw-analysis/vbw-tabelle5_corrected_imports.xlsx.
- Die geschätzten Speicherfüllmengen im Juli-Okt in Tabelle 5 sind zu hoch (90 TWh), was der Aussage auf S. 7 ausdrücklich widerspricht: "Zum Erreichen der deutschlandweiten Füllstandsvorgabe von 90 Prozent bis zum 01. November 2022 werden noch rund 78 TWh (Hu) (Bayern: 12 TWh) benötigt (ohne Haidach)." Außerdem erreichte der Speicherfüllstand zum 30. Juni 61% (148 TWh), so dass der tatsächliche Bedarf nach dem 1. Juli noch geringer sein wird (~70 TWh).
- Auch in Tabelle 5 sind die in Tabelle 2 berechneten Einsparungen offenbar *nicht* berücksichtigt. Sie berücksichtigt z.B. nicht die Gaseinsparungen von ca. 10-15% im Jahr 2022 gegenüber 2021, die bereits realisiert wurden und in zu sehen sind. in: https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Fachthemen/ElektrizitaetundGas/Versorgungssicherheit/aktuelle_gasversorgung/start.html
- Andere Ergebnisse
- In Tabelle 2 (Seite 20) wird die Auswirkung der Temperatursenkung auf die Energieeinsparungen der Haushalte, die dem UBA zugerechnet werden, ohne weitere Erläuterung sehr unambitioniert beziffert.
Medienberichterstattung über diese Studie
- FAZ, Deutschlands Wettbewerbsstärke: Forscher warnen vor Gaskrise - Speicher jetzt zu 60 Prozent gefüllt, retrieved 28 June 2022
- Spiegel, Verband warnt vor Wirtschaftseinbruch um 12,7 Prozent, retrieved 28 June 2022
- manager magazine, Stopp russischer Gaslieferungen könnte Deutschland 13 Prozent vom BIP kosten, retrieved 28 June 2022
- BR, Studie: Russischer Gasstopp würde Wirtschaft hart treffen, retrieved 28 June 2022
Aktionen
Demo 06 Juli https://www.facebook.com/events/568879691549999/?active_tab=discussion
References
- ↑ 1.0 1.1 vbw (2022), Konsequenzen eines Importstopps von russischem Erdgas, retrieved 28 June 2022
- ↑ prognos AG (2022), Lieferausfall russischen Gases – Folgen für die deutsche Industrie, retrieved 4 July 2022